Japanische Testamente vor deutschen Nachlassgerichten

Autor*innen

  • Harald Baum

Abstract

Deutsche Nachlassgerichte haben sich im Zusammenhang mit der Ausstellung von Erbscheinen immer wieder einmal mit der Auslegung von Testamenten zu befassen, die ein zum Zeitpunkt seines Todes in Deutschland lebender japanischer Staatsangehöriger verfasst hat. Derartige Testamente sind gemäß Art. 25 EGBGB nach japanischem Recht zu beurteilen. Für die Frage der Formwirksamkeit ist das Haager Testaments­überein­kommen einschlägig, nach dem es ausreicht, wenn die deutsche Ortsform eingehalten ist, das Testament also eigenhändig verfasst und unterschrieben ist. Nach japanischem materiellem Erbrecht ist demgegenüber bei einem eigenhändigen Testament neben der Setzung des Namens des Erblassers die Anbringung seines persönlichen Siegels erforderlich; seine Unterschrift ist hingegen nicht notwendig. Gelegentlich taucht die Frage auf, wie zu verfahren ist, wenn der Erblasser eine Erbeinsetzung vorgenommen hat, da dieses Rechtsinstitut dem japanischen Recht unbekannt ist. Meist wird eine Umdeutung in ein Einzel- oder Gesamterb­vermächtnis (tokutei izō bzw. hōkatsu izō) möglich sein. Der so Begünstigte wird auch im letzteren Fall nicht Erbe, sondern nur wie ein Erbe behandelt. Die rechtliche Stellung der gesetzlichen Erben kann durch eine testamentarische Verfügung nicht grundsätzlich abgeändert werden, abgeändert wird lediglich die gesetzliche Erbquote. Die testamentarische Verfügungsfreiheit besteht allerdings nur in den durch die Regelungen des Pflichtteils gezogenen Grenzen.

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Veröffentlicht

2015-02-12

Zitationsvorschlag

H. Baum, Japanische Testamente vor deutschen Nachlassgerichten, ZJapanR / J.Japan.L. 38 (2015), 201–208.

Ausgabe

Rubrik

Abhandlungen