Divorce of Brazilian Nationals in Japan

Autor*innen

  • Yuko Nishitani

Abstract

Der Artikel behandelt die rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit der Scheidung brasilianischer Staatsbürger in Japan: im einzelnen vor allem kollisionsrechtliche Fragen, Verfahrensfragen und die Frage der Anerkennung japanischer Scheidungen in Brasilien. Dabei handelt es sich um ein Thema von zunehmend praktischer Relevanz in Japan, da die Zahl der Brasilianer, die sich in Japan aufhalten, in den vergangenen Jahren aufgrund einer Reform des Ausländerrechts, das nunmehr Brasilianern mit japanischer Abstammung unter erleichterten Bedingungen die Möglichkeit der Beantragung von Aufenthaltsgenehmigungen und Arbeitserlaubnissen in Japan einräumt, enorm angestiegen ist. Brasilianer bilden mittlerweile die drittgrößte Gruppe von Ausländern in Japan, nach Chinesen und Koreanern. Dies hat auch zu einer deutlichen Zunahme von Eheschließungen und Scheidungen in Japan unter Beteiligung mindestens einer Person mit brasilianischer Staatsbürgerschaft geführt (Eheschließungen 2003: 2244; Ehescheidungen: 249).

Das reformierte japanische Rechtsanwendungsgesetz (Hôrei), das die Regeln zum japanischen IPR enthält, bestimmt in Artikel 16, daß zur Bestimmung des Scheidungs-statuts Artikel 14 entsprechend anzuwenden ist, wonach sich das Statut der allgemeinen Ehewirkungen richtet. Artikel 14 sieht eine Anknüpfungsleiter vor, wonach die Wirkungen der Ehe sich zunächst nach dem gemeinsamen Heimatrecht der Ehegatten richten sollen; gibt es ein solches Recht nicht, so soll das Recht am gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthaltsort das anzuwendende Recht sein. Führt diese Anknüpfung ebenfalls nicht zu einem eindeutigen Ehewirkungsstatut, so soll das Recht des Ortes gelten, zu dem die Ehepartner aus anderen Gründen die engste Beziehung haben. Dies führt in nicht wenigen Fällen zum brasilianischen Recht als Scheidungsstatut, insbesondere weil sich unter den Brasilianern in Japan viele Gastarbeiter befinden, deren Familien in Brasilien leben. Zu beachten ist, daß Artikel 16 S. 2 Hôrei eine Japanerklausel enthält, wonach japanisches Recht grundsätzlich vorrangig zur Anwendung gelangen soll, wenn einer der Ehegatten japanischer Staatsbürger ist und seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Japan hat. Das Scheidungsstatut ist in erster Linie maßgeblich zur Bestimmung der Scheidungsvoraussetzungen und zur Entscheidung über die Frage der Auflösung der Ehe sowie der Art der Scheidung. Darüber hinaus richten sich danach auch verschiedene Scheidungsfolgen wie etwa die güterrechtliche Abwicklung der Ehe oder, ob ein Anspruch eines Ehegatten auf Schmerzensgeld besteht.

Die Anwendung von brasilianischem Recht im Falle einer Scheidung bereitet in Japan erhebliche Schwierigkeiten, die zum einen durch die Unterschiede im materiellen Recht beider Länder, viel stärker aber noch durch die unterschiedlichen Arten der Scheidungsverfahren hervorgerufen werden. Dies hängt damit zusammen, daß in Japan grundsätzlich vier verschiedene Formen der Scheidung anerkannt sind, in Brasilien aber die Scheidung ein Gerichtsurteil voraussetzt. So unterscheidet man in Japan zwischen „einverständlichen Scheidungen“, der Scheidung im Anschluß an ein Schlichtungs­verfahren vor den japanischen Familiengerichten, die Scheidung durch Beschluß des Familiengerichts und die Scheidung durch Urteil eines ordentlichen Gerichts. Zudem kann im brasilianischen Recht die Trennung durch Gerichtsbeschluß als Vor-stufe einer Scheidung erforderlich sein, ein Rechtsinstitut, das in Japan unbekannt ist. Daher stellt sich etwa die Frage, ob japanische Gerichte einen solchen Trennungsbeschluß fassen dürfen. Bisher hat kein Gericht in Japan einen solchen Beschluß erlassen.

Da sich die Ehescheidung durch die ordentlichen Gerichte im japanischen System als ein langwieriges, kostenträchtiges und zudem aus japanischer Sicht nachrangiges Verfahren darstellt, stellt sich die Frage, ob auch andere Formen der Ehescheidung in Japan die Voraussetzung einer gerichtlichen Scheidung nach brasilianischem Recht erfüllen. Hierüber besteht in Japan Streit, vor allem da hier ein Prinzip im IPR, daß Verfahrensfragen sich grundsätzlich nach der lex fori richten, mit einer scheinbar materiellrechtlichen Voraussetzung der Scheidung im brasilianischen Recht kollidiert. Die Rechtsprechung in Japan hat sich letztlich aus rechtspraktischen Erwägungen dafür entschieden, auch die Ehescheidung durch Beschluß eines Familiengerichts und die Feststellung der Ehescheidung nach Abschluß eines Schlichtungsverfahrens durch ein Familiengericht als „gerichtliche Scheidungen“ im Sinne des brasilianischen Rechts anzusehen. Es gibt bisher lediglich drei japanische Gerichtsurteile, die eine Ehe, an welcher brasilianische Staatsbürger beteiligt waren, geschieden haben.

Vom Gesichtspunkt der Rechtspraxis der Anerkennung der Scheidungen von Brasilianern in Japan aus betrachtet, stellt sich das Problem als eher gering dar. Das Oberste Bundesgericht Brasiliens (Supremo Tribunal Federal) verfährt sehr großzügig bei der Anerkennung japanischer Scheidungen.

(deutsche Übersetzung durch die Redaktion)

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Veröffentlicht

2004-10-01

Zitationsvorschlag

Y. Nishitani, Divorce of Brazilian Nationals in Japan, ZJapanR / J.Japan.L. 18 (2004), 215–229.

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Neues zum IPR