A Presidential Prime Minister: Japan’s Direct Election Debate
Abstract
Die Hoffnung, der Regierungsstil von Premierminister Shinzô Abe werde an den seines Amtsvorgängers Jun’ichirô Koizumi anknüpfen, hat sich im ersten halben Jahr seiner Amtszeit nicht erfüllt. Meinungsumfragen, die im Frühjahr 2007 abgehalten wurden, belegen, daß die Öffentlichkeit den Premierminister für schwach hält und eine Rückkehr zu den „schlechten alten Tagen“ der innerparteilichen Vetternwirtschaft der Liberaldemokratischen Partei befürchtet. Vor diesem Hintergrund liegt es nahe, eine politische Debatte eingehender zu betrachten, die in Japan in den vergangenen zehn Jahren wiederkehrend geführt wurde und die im westlichen Schrifttum jedoch bislang weitgehend unkommentiert blieb: die Diskussion über eine Verfassungsänderung, die es dem japanischen Volk erlauben würde, den Premierminister direkt zu wählen.
Der Beitrag untersucht die geschichtlichen Wurzeln der politischen Bewegung für die Direktwahl des Ministerpräsidenten und ordnet sie in den Zusammenhang zweier Entwicklungen der neunziger Jahre ein: den Willen zu Reformen im Bereich von Verwaltung und Politik und die allmähliche „Präsidentialisierung“ des Premierministeramtes. Er berührt dann kurz die Frage, ob durch eine entsprechende Verfassungsänderung tatsächlich die beiden Ziele der Befürworter der Direktwahl – die Stärkung der Macht des Premierministers und eine stärkere Beteiligung der Öffentlichkeit am politischen Prozeß – erreicht würden. Zum einen wird diesbezüglich argumentiert, daß aufgrund traditioneller institutioneller Beschränkungen die Direktwahl für sich genommen die Macht des Premierministers vermutlich nicht stärken dürfte, obwohl dieser dann von den politischen Zwängen der Liberaldemokratischen Partei stärker abgeschirmt wäre. Zum anderen wird dargelegt, daß die offensichtliche Entwicklung zu einer partizipativen Demokratie in Japan verschiedene Folgerungen für das Potential der Direktwahl, die Wahlbeteiligung zu verbessern, zulasse.
Abschließend setzt sich der Beitrag mit den Risiken, die im Zusammenhang mit der Diskussion über die Direktwahl angeführt werden, auseinander. Der Verfasser kommt zu dem Schluß, daß in der japanischen Bevölkerung die Befürwortung der Direktwahl voraussichtlich in dem Maße wachsen dürfte, wie die Unzufriedenheit mit Premierminister Abe zunimmt, selbst wenn Zweifel bestehen, ob die mit der Änderung angestrebten politischen Ziele damit wirklich erreicht werden können.
(dt. Übersetzung durch die Red.)