Die gewillkürte Vertretungsmacht in Deutschland und Japan
Abstract
Der Beitrag befasst sich mit dem Recht der Vertretung im deutsch-japanischen Rechtsvergleich. Ausgangspunkt ist die wachsende Kritik an der deutschen Regelung in den §§ 164–181 BGB und namentlich an dem Konzept der Abstraktheit der Vollmacht, wie sie vor allem von Paul Laband herausgearbeitet wurde. Japan hat im Zuge der zum 1. April 2020 in Kraft getretenen Novelle seines Zivilgesetzes auch den Titel zur Vertretung (Art. 99–117) umfassend überarbeitet. Der Verfasser zeigt auf, dass das novellierte japanische Recht der Vertretung ein weitgehend geschlossenes System darstellt, mit dem sich die denkbaren Interessenkonflikte zwischen Vertretenem, Vertreter und Rechtsverkehr bewältigen lassen. Während die gewillkürte Vertretungsmacht in Deutschland sich im Kern aber nach wie vor am Modell der von Laband zum Handelsrecht entwickelten selbstständigen und typisierten Verkehrslegitimation orientiere, gehe das reformierte japanische Zivilrecht dagegen vom jeweiligen Einzelfall aus und erscheine jedenfalls denjenigen Alternativen zum deutschen Konzept der Vollmacht überlegen, die in der jüngeren Vergangenheit diskutiert worden seien. Der Verfasser überprüft seinen Befund anschließend rechtsvergleichend an drei Beispielen: den Vollmachten des Prozessrechts und denen des Handelsrechts sowie der vertretungsrechtlichen Ausgestaltung der Fürsorge im Alter.
(Die Redaktion)