Pay Fight!
Corporate Director Compensation Disputes in Japanese Courts and What to Make of Them
Abstract
Der Beitrag analysiert 230 Entscheidungen japanischer Gerichte, die zwischen 1953 und 2018 in Verfahren ergingen, in denen um die Vergütung von Verwaltungsratsmitgliedern von Unternehmen gestritten wurde, um auf diese Weise zu klären, welchen Einfluss die Gerichte auf die Vergütungspraxis in Japan bislang gehabt haben. In sämtlichen Entscheidungen ging es um die Interpretation des Art. 361 Gesellschaftsgesetz bzw. dessen Vorgängernorm Art. 269 Handelsgesetz a.F. Die Untersuchung kommt zu vier Schlussfolgerungen, die zur Klärung der Frage beitragen.
Die erste Beobachtung ist, dass japanische Gerichte, insbesondere das Distriktgericht Tōkyō, sich relativ häufig mit Streitigkeiten wegen Vergütungen von Verwaltungsratsmitgliedern befassen. Eine zweite Beobachtung ist, dass sich diese Streitigkeiten in ihrem Wesen deutlich von denjenigen unterscheiden, welche das allgemeine Schrifttum zu dieser Frage behandelt, das stark von US-amerikanischen Erfahrungen geprägt ist und sich entsprechend auf den Einsatz von Aktionärsklagen zur Überprüfung von Vergütungen konzentriert.
Art. 361 Gesellschaftsgesetz lässt sich grob als eine Art „Say on Pay“ Regel umschreiben, nach der die Vergütung des Verwaltungsrates entweder durch die Satzung des Unternehmens oder durch die Hauptversammlung festgesetzt sein muss. Die Gerichte haben dieses organisationsrechtliche Erfordernis in recht unterschiedlicher Weise interpretiert. Generalisierend kann man sagen, dass von der Regelung bisher in zwei unterschiedlichen Konstellationen Gebrauch gemacht worden ist. Zum einen haben Aktionäre und auch Unternehmen die Regel genutzt, um die Vergütungsansprüche von Verwaltungsratsmitgliedern überprüfen zu lassen, wobei Aktionärsklagen nur eine geringe Rolle gespielt haben. In wesentlich größerem Umfang haben zum anderen aber Verwaltungsratsmitglieder selber die Regelung in gerichtlichen Verfahren genutzt, um ihre Vergütungsansprüche gegenüber den Unternehmen durchzusetzen.
Eine dritte Beobachtung, die aus der vorhergehenden folgt, ist diejenige, dass gerichtliche Streitigkeiten über Vergütungsfragen in Japan überwiegend von Verwaltungsratsmitgliedern und nur in geringerem Umfang von Aktionären als Mittel zur Klärung von Vergütungsfragen genutzt werden. Bei den allermeisten der für diesen Beitrag untersuchten Klagen handelt es sich um solche, die von Verwaltungsratsmitgliedern erhoben wurden. Der Grund hierfür liegt vor allem in der aktiven Rolle, welche die Gerichte in der Ausdifferenzierung der Regelung gespielt haben. Dies ist die vierte und finale Analyse des Beitrages. Da die Norm äußerst knapp gefasst ist und entsprechend zahlreiche Fragen unbeantwortet lässt, hat die Rechtsprechung eine Reihe von Grundsätzen zu deren Anwendung entwickelt, unter anderem bezüglich der Frage, wie die Entscheidung über die Vergütung zu treffen ist. In ihrer Gesamtheit haben die gerichtlichen Vorgaben dem Verwaltungsrat – und damit faktisch dessen vertretungsberechtigten Mitgliedern, welche diesen kontrollieren – einen großen Ermessensspielraum bei der Festsetzung der Vergütung im Einzelfall eingeräumt. Im Ergebnis hat dies die Rolle des Verwaltungsrats als „Gatekeeper“ im Rahmen von Vergütungsfragen gestärkt. Das wiederum hat Vergütungsrisiken für die einzelnen Verwaltungsratsmitglieder mit sich gebracht, vor allem wenn es zu Auseinandersetzungen mit dem Unternehmen kommt. In derartigen Situationen haben sich die Betroffenen oftmals an die Gerichte gewandt, um ihre Vergütungsansprüche durchzusetzen.