Legal Reforms After a Century of Immobility

The 2017 Revision of Sex Crimes in the Penal Code of Japan

Autor*innen

  • Charlotte Bekkers

Abstract

Dieser Beitrag analysiert die Anpassungsfähigkeit des japanischen Strafrechtssystems angesichts der anhaltenden internationalen und nationalen Kritik bezüglich Sexualstraftaten und der übermäßig nachsichtigen Behandlung von Sexualstraftätern. Auf internationaler Ebene haben Menschenrechtsgremien wie der UN-Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau (2003; 2009; 2016), der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes (2004; 2010) und der UN-Menschenrechtsausschuss (2008; 2014) die japanische Regierung wiederholt dafür gerügt, dass sie ihrer Verpflichtung als Vertragsstaat, ihr Strafrechtssystem mit den jeweiligen Verträgen in Einklang zu bringen, nicht nachkommt. Im Inland ist das veraltete japanische Sexualstrafrecht seit langem Gegenstand von Diskussionen unter Anwälten, Opferschutzgruppen und Wissenschaftlern. Darüber hinaus wurde eine Überprüfung der Vorschriften des Strafgesetzes für Sexualdelikte bereits im Dritten Basisplan für die Gleichstellung der Geschlechter aus dem Jahr 2010 sowie in den ergänzenden Entschließungen des Unter- und des Oberhauses anlässlich der Überarbeitungen des Strafgesetzes 2004 und 2010 gefordert.

Eine substanzielle rechtliche Antwort auf die langjährige Kritik kam schließlich im Juni 2017, als beide Häuser des japanischen Parlaments einen Gesetzentwurf zur Überarbeitung der über 100 Jahre alten Gesetze über Sexualverbrechen verabschiedeten. Inwieweit wurde bei der Überarbeitung des Strafgesetzes von 2017 auf die Kritik von Juristen, Wissenschaftlern und internationalen Menschenrechtsorganisationen eingegangen? Bei der Bewertung der Reaktionsfähigkeit des japanischen Strafrechtssystems muss festgestellt werden, dass die Überarbeitung des Strafgesetzes von 2017 eher das absolute Minimum darstellt. Die Ausweitung der Definition von Vergewaltigung auf männliche Opfer, die Anhebung des Strafmaßes, die Abschaffung des Erfordernisses einer Anzeige des Opfers, um eine Strafverfolgung zu ermöglichen, und die Einführung eines neuen Straftatbestands für sexuellen Missbrauch durch Aufsichtspersonen sind allesamt wichtige Reformen, aber sie reichen nicht aus, um den angestrebten umfassenden und nuancierten Ansatz zur Bekämpfung sexueller Gewalt zu erreichen. Mit der Überarbeitung des Strafgesetzes von 2017 wurden die damals bereits 15 Jahre alten Forderungen nach einer Anhebung der Sexualmündigkeit oder einer ausdrücklichen Kriminalisierung der Vergewaltigung in der Ehe nicht erfüllt, ganz zu schweigen, dass auf die jüngste internationale Welle gesetzlicher Reformen, die das Einverständnis in den Mittelpunkt des Sexualstrafrechts stellen, eingegangen worden wäre.

Die Gesamtbewertung muss jedoch nicht so düster ausfallen. Es gibt auch Anzeichen für Hoffnung, dass sich das japanische Strafrechtssystem zu einem System entwickelt, das die Realität sexueller Gewalt besser widerspiegelt und den Bedürfnissen der Opfer gerecht wird. Die Tatsache, dass im Zuge der Flower-Demo-Bewegung drei von vier Urteilen aus der Reihe der Freisprüche bei Sexualdelikten vom März 2019 in der Berufung vor den Obergerichten aufgehoben und durch einen Schuldspruch ersetzt wurden, deutet darauf hin, dass die Strafjustiz die traditionell enge Auslegung von Sexualdelikten und der zugrunde liegenden Tatsachen im Einklang mit der sich ändernden öffentlichen Meinung ablehnt. Darüber hinaus ist die Aufnahme der Aktivistin und Überlebenden Jun YAMAMOTO in einen Untersuchungsausschuss und die verstärkte Beteiligung von Praktikern an den Diskussionen über die Notwendigkeit zusätzlicher gesetzlicher Reformen zumindest ein Indiz für die Absicht des Justizministeriums, den rechtlichen Rahmen an die Realität von Sexualverbrechen anzupassen. In diesem Sinne scheint der Ende Oktober 2022 vom Justizministerium veröffentlichte vorläufige Vorschlag die nach der Überarbeitung von 2017 geäußerte Kritik zu beherzigen, auch wenn das Konzept der Einwilligung noch nicht aufgegriffen wurde. Vor dem Hintergrund dieser und anderer aktueller Entwicklungen kommt der Artikel zu dem Schluss, dass sich die Anpassungsfähigkeit des japanischen Strafrechtssystems zum Besseren gewendet hat.

(Die Redaktion)

Veröffentlicht

2023-08-11

Zitationsvorschlag

C. Bekkers, Legal Reforms After a Century of Immobility: The 2017 Revision of Sex Crimes in the Penal Code of Japan, ZJapanR / J.Japan.L. 55 (2023), 145–179.

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Rubrik

Abhandlungen