Die Entwicklung des Leistungsstörungsrechts und die Rezeption der westeuropäischen Rechtstheorien in Korea – mit Bezügen zum japanischen Recht
Abstract
Der Beitrag untersucht die Entwicklung des Leistungsstörungsrechts in Korea aus historischer Perspektive. Das koreanische Zivilrecht hat sich in enger Verbindung zum japanischen Recht entwickelt, welches wiederum im Wege der sogenannten Theorienrezeption deutsche Lehre übernahm. Dies gilt auch für das Leistungsstörungsrecht. Der Beitrag stellt zunächst die Regelungen des koreanischen ZG zu Rücktritt und Schadensersatz sowie die einschlägigen deliktsrechtlichen Vorschriften vor. Das koreanische ZG geht von einem umfassenden Begriff der Nichterfüllung aus, der Unmöglichkeit und Verzug ebenso wie die Schlechtleistung erfasst, und sieht in seinem Art. 390 eine Generalklausel vor. Damit weist das koreanische – wie das japanische – Recht keine Lücke auf, die auf den ersten Blick eine Übernahme der deutschen Lehre von der positiven Vertragsverletzung nahelegen würde. Dennoch hat die koreanische Lehre über das japanische Recht ein dreigeteiltes System der Leistungsstörungen, beschränkt auf Unmöglichkeit, Verzug und positive Vertragsverletzung, übernommen. Die Lehre von der positiven Vertragsverletzung erfuhr dabei jedoch eine Umformung. Sie ist im koreanischen Recht insbesondere in Fällen der Erfüllungsverweigerung relevant, da das ZG für eine Erfüllungsverweigerung nach Verzug nur den Rücktritt jedoch keine weiteren Rechtsbehelfe vorsieht und für Erfüllungsverweigerung bereits vor Verzug überhaupt keine Regelungen getroffen hat. Eine gesetzliche Lücke im koreanischen ZG findet sich weiterhin bei einer Nichterfüllung, die nicht in Unmöglichkeit oder Verzug begründet ist, da hier keine Regelung des Rücktrittsrechts besteht. Auch hier wird die Lehre von der positiven Vertragsverletzung herangezogen und fortgebildet. Das Verständnis der positiven Vertragsverletzung ist damit – insbesondere mit Hinblick auf die Einordnung der Erfüllungsverweigerung – ein anderes als im Herkunftsland Deutschland. Dies wird aus der Rezeptionsgeschichte in Japan erklärt. Der Beitrag schließt mit einem Ausblick auf die Arbeiten zu einer Reform des Leistungsstörungsrechts in Korea.