Neue Entwicklungen im Zivilverfahrensrecht in Japan
Abstract
Erstens führten Reformen auf dem Gebiet des Zivilprozesses zu einer verstärkten Digitalisierung des Verfahrens und weitgehenderen Möglichkeiten, das Verfahren online durchzuführen. Das ZPO-Reformgesetz tritt stufenweise in Kraft, wobei die Stufe 2 (Möglichkeit der mündlichen Verhandlung online) schon zum 1. März 2024 umgesetzt worden ist. Die Stufe 3, die letzte Stufe, die vor allem das online Einreichen von Schriftsätzen und die online Zustellung sowie die Erleichterung der Voraussetzungen der Zeugenvernehmung online betrifft, wird spätestens bis Mai 2026 in Kraft gesetzt. Die Stufe 1 zur Möglichkeit der Durchführung des Vorverfahrens online ist bereits umgesetzt und funktioniert in der Praxis bislang sehr gut. Die mündliche Verhandlung wird hingegen bislang nur selten online durchgeführt. Zurzeit scheinen die Gerichte noch gewisse Bedenken zu haben, da die die mündliche Verhandlung im Gerichtssaal immer noch den Regelfall darstellt. In Bezug darauf überlässt das ZPOReformgesetz dem Gericht die Entscheidung über die Erfüllung der sogenannten „Angemessenheitsvoraussetzung“. Deshalb ist es eine wichtige Aufgabe zu klären, in welchen Fall es als angemessen angesehen werden kann, das Verfahren online durchzuführen und zu beobachten, welchen Einfluss die mündliche Verhandlung und die Zeugenvernehmung online auf die Glaubhaftigkeit der Zeugenaussagen haben.
Zweitens wurde im Rahmen der Zwangsvollstreckung die Möglichkeit der stärkeren Sanktionierung im Offenbarungsverfahren verwirklicht sowie die Möglichkeit geschaffen, die Informationen über das Schuldnervermögen von Dritten zu erlangen. Die veröffentlichten Daten zeigen momentan, dass Gläubiger aufgrund der neuen Vorschriften verstärkt Anträge im Offenbarungsverfahren und zur Offenbarung von Informationen durch Dritte stellen. Bislang erscheinen die beiden Reformen erfolgreich zu sein.
Bezüglich der einvernehmlichen Streitbeilegung vor den privaten Schlichtungsstellen wurde drittens die Rechtswirkung des Vergleichs gestärkt. Hintergrund dessen ist die Ratifizierung des Singapur-Übereinkommens in Japan. Nun kann auch in inländischen Fällen aufgrund der Vergleichsvereinbarung vor den privaten zertifizierten Schlichtungsstellen bei Gericht ein Antrag auf Vollstreckungserklärung gestellt und nach Erlass des entsprechenden Vollstreckungsbeschlusses unmittelbar die Vollstreckung in das Schuldnervermögen betrieben werden. Einen solchen Vorschlag gab es schon vor über 20 Jahren unter dem Gesichtspunkt der Förderung der privaten Schlichtung. Durch das ADR-Reformgesetz wurde dies endlich umgesetzt. Trotzdem steht noch nicht fest, ob diese neue Möglichkeit wirklich zur Förderung der einvernehmlichen Streitbeilegung vor den privaten Schlichtungsstellen beitragen wird. Dies bleibt abzuwarten.