Blick aus Japan auf die deutsche Schuldrechtsmodernisierung. Eine Studie zur Rechtsübertragung

Autor*innen

  • Akira Kamo

Abstract

Die in Japan zurzeit stattfindende Modernisierung des Schuldrechts wurde aus verschiedenen Gründen für notwendig erachtet. Der Beitrag stellt zunächst diese Gründe dar und beschreibt dann, wie die deutsche Schuldrechtsreform von japanischen Wissenschaftlern und Praktikern beurteilt wird. Anhand dieser Bewertung ist schließlich eine Analyse des Verhältnisses zwischen deutschem und japanischem Recht möglich.

Die Gründe für die Schuldrechtsmodernisierung sind vielfältig: Zunächst das japanische Zivilgesetz (ZG) selbst, nämlich die Schlichtheit seiner Bestimmungen, aber auch die aufgrund der unterschiedlichen Einflüsse auf die Struktur, den Inhalt und der Theorien des japanischen Rechts ausgelösten Diskrepanzen zwischen Wissenschaft und Praxis. Diese Unstimmigkeiten ließen verschiedene Geistesströmungen in der Rechtswissenschaft aufkommen, insbesondere den Rechtsrealismus und die Rechtsvergleichung, die die Schuldrechtsmodernisierung auf ihre Weisen unterstützen. Daneben waren auch die Reformaktivitäten des japanischen Justizministeriums eine treibende Kraft für die Modernisierung.

Aus japanischer Sicht hat die deutsche Schuldrechtsreform auf mehrere Arten Bedeutung für die japanische Modernisierung. Einerseits können deutsche Rechtsinstitute wie die culpa in contrahendo, die in Japan nur durch die Theorienrezeption eingeführt wurden, ein Vorbild für ihre Kodifikation im ZG darstellen. Andererseits können die deutschen Reformen der japanischen Modernisierung als Bestätigung für Kritik an der Theorienrezeption aus Deutschland dienen, durch die bei vereinzelten Regelungen des ZG Diskrepanzen entstanden sind. Ein Beispiel ist das Verhältnis zwischen dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht und dem Gewährleistungsrecht. Schließlich kann die deutsche Schuldrechtsmodernisierung bei der Anpassung der Regelungen des ZG an die neuen Richtungen des Vertragsrechts helfen, z.B. beim Rücktrittsrecht.

Das deutsche Recht hat in der Vergangenheit stetigen Einfluss auf das japanische ZG gehabt. Faktoren auf deutscher wie auf japanischer Seite sprechen dafür, dass dies auch in Zukunft so bleiben könnte: Einerseits unter anderem die aufgrund ihrer Charakteristika universelle Anwendbarkeit der deutschen Rechtslehre; andererseits die weiterhin starke Auslandrechtsforschung in Japan. Dabei ist Japanern die Notwendigkeit der Anpassung von zu rezipierendem Recht bewusst, was der Rechtsvergleichung eine neue Richtung geben könnte. Diese könnte dann dem aktuellen Trend entsprechen, bei Rechts­ordnungen das Typische (Recht, bedingt durch Kultur und Gesellschaft) zu erforschen.

(Die Redaktion)

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Veröffentlicht

2015-02-12

Zitationsvorschlag

A. Kamo, Blick aus Japan auf die deutsche Schuldrechtsmodernisierung. Eine Studie zur Rechtsübertragung, ZJapanR / J.Japan.L. 38 (2015), 171–187.

Ausgabe

Rubrik

Abhandlungen